Gedenk- und Erinnerungskultur
am SGH


Vorwort
Der Begriff Kultur ist per se mannigfach besetzt.
Neben gängigen Erscheinungsformen wie Kunst, Literatur und Musik, die integrale Bestandteile unserer schulischen Kulturlandschaft sind und unterrichtlich als auch außerunterrichtlich regelmäßig Betätigung und Bühne erfahren, ist die Gedenk- und Erinnerungskultur von ebenso großer Bedeutung.
Erinnerung ist die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und Geschichte. Sie ist allgegenwärtig und identitätsstiftend: Wir erinnern historischen Ereignissen und Personen an eigens dafür eingerichteten Feier- und Gedenktagen, wir benennen Straßen, Plätze und Schulen nach Personen, die durch ihr Wirken ihren Platz in der Geschichte erlangt haben. Die Erinnerungskultur ist somit zu definieren als das Wissen und die Kenntnisse einer Gemeinschaft über ihre Vergangenheit. Sie ist Teil unseres kollektiven Gedächtnisses und unserer Zugehörigkeit und Identität. Das Gedenken ist Teil des Erinnerns und dabei äußerst bewusst und zielgerichtet.
Die Gedenk- und Erinnerungskultur ist am SGH eng verbunden mit der Geschichte Deutschlands, lokalen und überregionalen Bezügen im Dreiländereck Deutschland – Niederlande – Belgien und letztlich der Stadt Herzogenrath selbst, und die Gedenk- und Erinnerungskultur äußerst sich durch zahlreiche Kooperationen und Exkursionen.

Seit vielen Jahren besteht eine Kooperation zwischen dem Soziokulturellen Zentrum Klösterchen in Herzogenrath und unserer Schule. Die enge Zusammenarbeit mit dem Klösterchen mündet seit Jahren in der fest gesetzten Gedenk- und Erinnerungsveranstaltung zum 9. November (Reichspogromnacht) und weiteren Veranstaltungen ähnlicher Façon, bei denen neben Kolleginnen und Kollegen (leitend dabei Kollege und Koordinator des Fachbereichs Gesellschaft, Christian Reiferth) und Schülerinnen und Schüler des SGH auch aktive Bürgerinnen und Bürger sowie Mitglieder des Bündnisses gegen Rechtsextremismus mitwirken.
Neben dem 9. November (siehe folgend) haben sich weitere Veranstaltungen etabliert, die fortwährend in einen „Gedenk- und Erinnerungskalender“ überführt werden, wie z.B. der 27. Januar (Tag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz und Internationaler Holocaust-Gedenktag) und der 10. Mai (Tag der Bücherverbrennung).
Eine sehr wichtige Freundschaft und Zusammenarbeit, die in der Stadt Herzogenrath auf großen Zuspruch stößt und rückblickend wie fortwährend zu beachtlichen und teils tief bewegenden Beiträgen unserer Schülerinnen und Schüler geführt haben und sicherlich führen werden!
Das Soziokulturelle Zentrum Klösterchen Herzogenrath. Kooperationspartner
Von der Homepage des Klösterchens durch die Leitung Wilfried Hammers:
Als im Jahr 1995 ein altes Klostergebäude- genannt Klösterchen- in Herzogenrath zur Nutzung frei wurde, bemühten sich viele Personen, Gruppen und Institutionen in der Kommune Herzogenrath darum, dies wie schon lange vergeblich versucht als Treff- und Aufführungs/Veranstaltungsort belegen zu können. Es bildete sich eine Projekt- und Konzeptgruppe, die inhatliche Punkte zusammenfaßte und Bedürfnisse austarierte und als Pendant und Verhandlungspartner gegenüber der Firma VETROTEX (zum Saint Gobain-Konzern in Paris gehörend und damaliger Eigentümer) fungierte. Nach der Erstüberlegung, das Gebäude als Bürgerhaus zu nutzen, konnte sich aber schließlich eine Mehrheit durchsetzen, die es als Kulturzentrum und nach dem Willen das damaligen- Förderverein Arbeit und Umwelt in der Region Aachen e.V.- wie jetzigen Trägers - noch mit dem Qualitätsanhang - und Kultur seit 1996- als soziokulturelles Zentrum nutzen wollten, um von der Mehrheitsidentität diesen Qualitätsbegriff auch als Ansporn für eine inhaltliche Entwicklung/Weiterentwicklung als Maßstab im Auge zu behalten. So wurde der Förderverein schlußendlich in 1996 sogenannter Hauptmieter mit gemeinnützigem Charakter. Als Zentrum auf dem Land mit unmittelbarer Nähe zu Aachen, wo das kulturelle und zivilgesellschaftliche Leben nicht zuletzt auch wegen des dortigen studentischen Milieus völlig anders verankert ist, war uns rasch klar, dass wir unser Haus würden völlig anders aufbauen und entwickeln müssen und dass wir für die ersten Jahre notwendig in die gesamte Breite von soziokulturellen Aktivitäten und Bildung würden gehen müssen, um überhaupt die Gründungsphase überstehen zu können. Dabei war uns die Soziokultur als Anker deswegen überaus wichtig, weil es uns um Interessen und Bedürfnisse aus möglichst vielen kulturellen, sozialen und politischen Quellen und deren Schnittpunkte ging und geht. Außerdem bezeichnet dieser Fach- und Qualitätsbegriff eine direkte Hinwendung von uns als Kultur-einrichtung und einzelnen Akteuren zur gesellschaflichen Wirk-lichkeit und zum Alltag der mit ihr in Kontakt stehenden Menschen und betrachtet sie nicht ausschließlich als BesucherInnen, sondern als redlich am gesamten kulturell zu beteiligenden Geschehen mit einer partizipativen Grundhaltung. Aufgrund der damaligen Ausgangssituation war es den GründernInnen außerdem mehr als wichtig und sympatisch zugleich, sich in direkter Entwicklungslinie der 68er Bewegung zu sehen, der sie selbst entstammten und die wie die Friedens-, Umwelt-, Frauen- und Jugendbewegung, die seinerzeit nach neuen gesellschaftlichen Frei- und Spielräumen gesucht hatten, sich in dieser neuen und transformierten Form als Bewegung und Ort auf dem Land zu etablieren. Weitgehende Selbstverwaltung und demokratische Entscheidungsstrukturen in dieser Kultur von unten galten und gelten als fundamentale Kennzeichen dieser Einrichtungsgründung. Ziel war es von Beginn an, die alltägliche Lebenswelt in die Kulturarbeit einzubeziehen und die Wechselwirkungen von Kunst, Kultur und Gesellschaft in den Blcik zu nehmen und in das soziokulturelle Geschehen vor Ort zu implementieren. Ästethetik, Kommunikation, soziale Bedürfnisse und die Fähigkeiten aller Beteiligten dienen dabei einander und der Zielerreichung des gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Engagements und führen so zu einer kulturellen Chancengleichheit und fördern gleichzeitig das demokratische Bewußtsein und Handeln. Neben der Etablierung als Veranstaltungsort hat auch die kulturelle Bildung unserer bescheidenen Wahrnehmung nach auch auf dem Land- oder wegen geringerer Optionen dort- gerade auch da erheblich an Bedeutung gewonnen. Diese Form der Bildung fußt nicht oder nicht alleine auf kognitives Lernen und schon gar nicht mit abprüfbaren Ergebnissen, sondern befähigt zum schöpferischem Arbeiten und regt zur aktiven Rezeption von Kunst und Kultur an. Wir merken dass in unserer Arbeit immer dann, wenn Menschen spürbar Lust auf etwas haben, es sich dann aber doch nicht anzugehen trauen, weil sie sich selbst meist ihre Fähigkeiten ausreden. Das Infragestellen von außen ist dann allenfalls eine negative Bestärkung der eigenen Wertung. Besonders auch bei Menschen aus anderen kulturellen Kontexten, die als Geflüchtete zu uns kommen, ist es erschreckend festzustellen, wie rasch sie in eben dieses selbe Muster zu kippen drohen, selbst, wenn alle Primärbedürfnisse befriedigt zu sein scheinen. Hier sind dann die Schritte zu mehr Bildungsgerech-tigkeit ebenso als wirkungsvoll anzusehen, wie bei erwerbsarbeitslosen Menschen oder denen aus klassisch bildungsfernen Milieus, mit denen wir es hauptsächlich auf den anderen Sektoren unserer gemeinnützigen Arbeit in den Bereichen Arbeit und Umwelt zu tun haben.Werden Lerninhalte neben formalisierter schulischer Bildung indes auf multimethodische Weise an vor allem junge, aber auch ältere Menschen herangetragen, ergeben und entwickeln sich plötzlich völlig neue schöpferische Potentiale. Kunst und Kultur macht in diesem Kontext- so könnte man formulieren- stark und ist, wie z.B. rückständige Pädagogen immer wieder zu suggerieren versuchen, keine Bildungszeitverschwendung- ganz im Gegenteil- und zudem bleiben solche multisensual erworbenen Kenntnisse ganz sicher länger in der Gesamterinnerung haften. In manueller Handhabung und in Bewegung lassen sich eben andere Lernerfolge erzielen. Dieses zarte Wissen und diese bisher immer nur punktuell gemachten Erfahrungen wollen wir zu verstetigen versuchen und in Curricula der Lerndiversität zu transformieren versuchen. Sprachlich vermittelter Unterricht zum Teil der deutschen Gräuelgeschichte ist eben im Rahmen der Erinnerungsarbeit etwas wesentlich anderes, als Zeitzeugen zuzuhören, Filmbeiträge zu schauen und scheinbar nebenbei auch noch Stolpersteine zu reinigen, um die Erinnerung aufzupolieren, um ein Beispiel aus der Erinnerungsarbeit exemplarisch zu benennen. Lesehäuser zu bauen, dazu die passende Literatur für spezifische Zielgruppen auszusuchen und selbst zu lesen oder vorzulesen, hat eben eine andere Dimension und auch Qualität. Oder scheinbar wertlose Möbel mit allerdings guter stofflicher Ausgangsqualität an Holz und Bezug neu zu gestalten, schafft einen praktischen Beitrag zur Klimafrage und läßt zudem statt nur die Co2-Belastung zu bemessen die Zukunftsfrage in einem anderen Licht erscheinen und die Wertschätzung für durch andere Menschen manuell Entstandenes wachsen. (Quelle: Wilfried Hammers zivilgesellschaftlich engagierter Leiter des Kulturzentrums; http://www.kloesterchen.net/ueber-uns/soziokultur.html)

Gedenkveranstaltung:
Der 9. November
Aus einer öffentlichen Durchsage eines Schülers am 9. November am SGH:
„Der 9. November -auch: „Schicksalstag der Deutschen“- ist ein bedeutender Tag in der deutschen Geschichte und umfasst sowohl freudige als auch erschütternde Ereignisse:
Im Jahre 1918 wurde Deutschland am 9. November nach Ende des 1. Weltkrieges eine Republik und Demokratie.
Nur wenige Jahre später, am 9. November 1923, versuchte eine Gruppierung um einen gewissen Adolf Hitler diese Republik zu stürzen. Sie scheiterten. Vorerst. Im Jahre 1933 aber gelangten die Nazis, mit ebenjenem Hitler an der Spitze, an die Macht. Es folgte die 12 Jahre andauernde Diktatur der Nationalsozialisten. Im Jahre 1938 brannten in Deutschland die Synagogen und jüdische Einrichtungen; Juden wurden auf offener Straße attackiert, verprügelt, gar getötet und nur aus einem wesentlichen Grund: weil sie Juden waren! In die Geschichte ging dieser 9. November 1938 als Pogrom ein. Es folgten der 2. Weltkrieg mit mehr als 60 Millionen Toten und die geplante Vernichtung der europäischen Juden, der Holocaust, mit mehr als 6 Millionen ermordeten Juden.
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer, die Ost- und West-Berlin seit 1961 trennte, gleichzeitig ein Symbol für die Teilung Deutschlands in West und Ost, in BRD und DDR, und die Teilung der Welt in West und Ost. Viele Menschen kamen bei ihren Fluchtversuchen aus der DDR ums Leben oder sie wurden inhaftiert.
Wir wollen heute dem 9. November in all seinen Erscheinungsformen gedenken.
Wir wollen an die vielen Menschen erinnern, die ihre Rechte und ihre Freiheit und auch ihr Leben verloren oder von ihren Familien oder Freunden getrennt wurden. Wir wollen an die erinnern, die ihr Schicksal gegen alle Widrigkeiten und Formen der Unterdrückung in die Hand nahmen und sich auflehnten und protestierten und für andere einstanden.
Auch wenn wir hier in die Vergangenheit schauen, dürfen wir unsere Gegenwart und Zukunft nicht aus dem Blick verlieren. Wir schauen zurück, um nach vorne schauen zu können, um unser Jetzt zu verstehen und unsere Zukunft in die Hand zu nehmen.
Als Schülerinnen und Schüler unserer Schule bekennen wir uns zu Respekt, Toleranz, Diversität und Offenheit.“
Im Rahmen der Kooperation mit dem Soziokulturellen Zentrum Klösterchen ist der 9. November ein im Veranstaltungskalender der Stadt Herzogenrath gesetzter Termin. Seit Jahren erfährt die Zusammenarbeit hier im wahrsten Sinne des Wortes eine Bühne. In den Räumlichkeiten des Klösterchens wird im Zusammenspiel zwischen Schülerinnen und Schülern des Zusatzkurses Geschichte (Q2, Abiturjahrgang) und der/ des diesen Kurs unterrichtenden Kollegin oder Kollegen und dem Geschichtslehrer und Koordinator Christian Reiferth sowie Herrn Wilfried Hammers und dem Klösterchen angebundenen Akteurinnen und Akteuren ein Programm vorbereitet und aufgeführt, das den Blick in die Vergangenheit gewährt und daraus -auch angesichts aktueller tagespolitischer und zeitgeschichtlicher Entwicklungen- Lehren für Gegenwart und Zukunft ableitet.
Qua Fachschaftsbeschluss der Fachkonferenz Geschichte widmet sich der Zusatzkurs Geschichte der Thematik des 9. Novembers und bereitet im Unterricht von Schuljahresbeginn bis zum 9. November autark ein etwa einstündiges Programm vor, das den 9. November in sämtlichen Facetten mit Gestaltungsmitteln der Kunst, Literatur, Musik, des Theaters sowie der konkreten historisch-politischen Auseinandersetzung abbildet.
Dem Programm im Klösterchen schließt sich unter Polizeigeleit und unter Führung des Herzogenrather Bündnis gegen Rechtsextremismus ein Schweigemarsch zum Rathaus/ zur Stadtverwaltung an, wo am Gedenkstein für die verfolgten und ermordeten Jüdinnen und Juden der Bürgermeister eine Ansprache hält und ein weiterer Lesebeitrag unserer Schülerinnen und Schüler erfolgt.
In den letzten Jahren ist diese Veranstaltung durch die Tatkraft und kreative wie dringliche Auseinandersetzung unserer Schülerinnen und Schüler sowie Kolleginnen und Kollegen stetig gewachsen und stellt nunmehr seitens des SGH, des Klösterchens und der Stadt Herzogenrath eine repräsentative gemeinschaftliche Gedenk- und Erinnerungsveranstaltung dar.

Wer Holocaust sagt, meint Auschwitz, heißt es.
Auschwitz steht für den Holocaust, die planmäßige Ermordung der europäischen Juden durch die Nationalsozialisten.
Auschwitz steht für den beispiellosen Rassenwahn der Nationalsozialisten.
Die traurige Bilanz lehrt uns, dass zwischen März 1942 und Ende 1944 (dann begannen die so genannten „Todesmärsche“ ins deutsche Kernreich im Rückzug vor der sich nähernden sowjetischen Armee) von mehr als 11 Millionen europäischen Juden mehr als 6 Millionen Juden durch die Nationalsozialisten getötet wurden. Mehr als 1 Million Jüdinnen und Juden (neben Sinti und Roma, Homosexuellen und anderen Oppositionellen) allein verloren ihr Leben im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz in Polen, das zwar größte, mitnichten jedoch das einzige Vernichtungslager, das durch die Nationalsozialisten, vornehmlich durch die SS, in den besetzten Gebieten Mittel- und Osteuropas geführt wurde.
Der 27. Januar 1945 markiert die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz durch die sowjetische Armee.
Exakt an diesem Tag erinnern und gedenken wir den Opfern des Holocaust im Rahmen einer Gedenkveranstaltung im Klösterchen. Ähnlich dem Ablauf an jedem 9. November (Pogrom, so genannte „Reichskristallnacht) partizipieren Schülerinnen und Schüler aus diversen Klassen- (maßgeblich ab Klasse 9) und Kursverbänden (Oberstufe) und setzen sich freiwillig, mitunter auch außerunterrichtlich, mit der Geschichte von Auschwitz auseinander und leiten daraus faktische wie auch abstrahierte und symbolische Produkte, Ausstellungsstücke und Darbietungskonzepte ab, die letztlich die Programmpunkte der Veranstaltung darstellen. Die Schülerinnen und Schüler und der Geschichtslehrer und Koordinator des Fachbereichs Gesellschaft und der Gedenk- und Erinnerungskultur, Herr Christian Reiferth, sowie Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Theater/ Literatur, Philosophie, Kunst und Musik bedienen sich hier der Bandbreite an möglichen Gestaltungsmitteln der hier genannten Fachbereiche.
Der 27. Januar reiht sich bewusst in die nunmehr Tradition der Gedenkveranstaltungen in Kooperation mit dem Klösterchen ein und ruft auf zur bewussten Auseinandersetzung mit der Geschichte, bewussten Partizipation und Teilhabe an Demokratie und einem offenen, toleranten, pluralistischen Miteinander.
Gedenkveranstaltung
Der 27. Januar, Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz. Internationaler Holocaust Gedenktag

Gedenkveranstaltung:
Der 10. Mai
Erinnern und Gedenken an die Bücherverbrennung 1933 durch die Nationalsozialisten
„Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen. “
Diese Worte sagte der gebürtige Düsseldorfer Dichter Heinrich Heine. Oftmals im Kontext des Erinnerns und Gedenkens an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten im Mai 1933 zitiert, finden sich diese Worte ferner auf einer bronzenen Erinnerungsplatte auf dem Bebelsplatz in Berlin, wo -neben weiteren deutschen Universitätsstädten- die Scheiterhaufen brannten.
Im Mai 1933 sind die Nationalsozialisten erst drei Monate an der Macht (30. Januar 1933). Diese drei Monate sind bereits ausreichend für die schrittweise Umgestaltung der Demokratie (Weimarer Republik) hin zur nationalsozialistischen Diktatur. Unter der Losung „Wider den undeutschen Geist“ erging der Auftrag an die Studenten, Universitäten und Bibliotheken, Bestände von jüdischen, marxistischen und pazifistischen Autoren zu „säubern“, die als so genannte „Reichsfeinde“ geächtet wurden. Die Werke glücklicherweise bis heute bekannter Autoren wie Kästner, Mann, Brecht, Tucholsky, Kafka, Freud (…) wurden unter so genannten „Feuersprüchen“ („Ich übergebe der Flamme die Werke von….!“) öffentlich verbrannt, Autoren erhielten Publikationsverbot oder wurden in die Emigration (manchmal sogar in den Suizid) gezwungen.
Wie am 9. November und 27. Januar partizipieren Schülerinnen und Schüler aus diversen Klassen- und Kursverbänden und setzen sich mit dem historischen Setting der Bücherverbrennung auseinander. Im Zentrum der Auseinandersetzung stehen hier klar das freie Wort und die Macht von Sprache (entgegen einer Zensur, Manipulation und Instrumentalisierung), das Buch (als Medium), der freie Autor und die Medienlandschaft heute. Die Metaphorik und Symbolkraft der zuvor Genannten ermöglichen facettenreiche Anknüpfungsangebote für die Partizipierenden (Schülerinnen und Schüler und der Geschichtslehrer und Koordinator des Fachbereichs Gesellschaft und der Gedenk- und Erinnerungskultur, Herr Christian Reiferth, sowie Kolleginnen und Kollegen aus den Bereichen Theater, Deutsch und Literatur, Philosophie, Kunst und Musik).
​Der Blick in die Vergangenheit erklärt uns die Gegenwart und gibt uns die Möglichkeit, die Zukunft zu gestalten und zu verändern. Nicht selten wird diese Losung zum Beispiel Lehrplänen, Fächerprofilen oder Curricula vorangestellt verwendet, um die Bedeutung der Vergangenheit für Gegenwart und Zukunft zu betonen. Was tun, wenn die Vergangenheit aber derart mit Schuld besetzt ist, aus der eine immens große Verantwortung erwachsen ist, erwachsen musste?
Wer Holocaust sagt, meint Auschwitz, heißt es.
Auch wenn Auschwitz rund 1.200 km von Herzogenrath entfernt ist, steht Auschwitz und die Dimension von Schrecken, Leid und Grausamkeit in tragischer Weise über allem, was wir mit dem Holocaust und der Judenverfolgung und -vernichtung verbinden, und so auch in Herzogenrath! In Herzogenrath lebten Juden. Einige starben in Auschwitz, weitere in anderen Konzentrationslagern, einige gelten als verschollen, einige haben überlebt. Es besteht demnach eine Verbindung zwischen Auschwitz und Herzogenrath; der Name und Ort Auschwitz ist deutlich auf einigen Stolpersteinen in unserer Stadt zu lesen.
Auschwitz steht Synonym für den Holocaust, die planmäßige Ermordung der europäischen Juden. Die traurige Bilanz lehrt uns, dass von mehr als 11 Millionen Juden mehr als 6 Millionen Juden durch die Nationalsozialisten getötet wurden, mehr als 1 Million allein im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz in Polen, das zwar größte, mitnichten jedoch das einzige Vernichtungslager.
Noch einmal soll die eingangs gestellte Frage aufgeworfen werden: Was tun, wenn die Vergangenheit derart mit Schuld besetzt ist, aus der eine immens große Verantwortung erwachsen ist, erwachsen musste?
Die Antwort muss lauten: Begreifbar machen, was nicht oder schwer zu begreifen ist. Und letztlich, wenn möglich, Auschwitz über den Unterricht hinaus begreifbar und greifbar zu machen. Hinfahren, wenn möglich! Vor Ort sein, wenn möglich!
Es wurde möglich! Dafür sind wir sehr dankbar.
Seit 2023 ermöglichen wir Schülerinnen und Schülern der Klasse 10, im Rahmen einer Gedenkstättenfahrt Auschwitz zu erfahren.
Die Gedenkstättenfahrt reiht sich somit in das gewachsene Konzept der Gedenk- und Erinnerungskultur am Städtischen Gymnasium ein und liefert einen wichtigen Beitrag für die Realerfahrung von Geschichte und insgesamt für die historisch-politische Bildung.
Die Teilnehmer/ innenzahl hat sich im Laufe der Jahre 2023 bis 2025 fast vervierfacht. Dies zeigt Bedarf und Bedürfnis nach einer solchen Fahrt.
Wir treten die Reise in der Regel im Rahmen der so genannten Fahrtenwoche (die Woche vor den Herbstferien) an. Auch wenn wir im Jahre 2023 geflogen sind, findet die Reise aus Gründen der pädagogischen Geschlossenheit hinsichtlich des Nachhaltigkeitskonzepts der Schule mit dem Bus statt.
Untergebracht sind wir im wunderschönen Krakau. An zwei Tagen fahren wir mit dem Bus ins rund 40 Kilometer entfernte OÅ›wiÄ™cim (Auschwitz), wo wir an einem Tag das so genannte Stammlager und die Holocaust-Länderausstellungen in den ehemaligen Blöcken und am Folgetag den Vernichtungskomplex Birkenau besuchen. Vor Ort führen uns Guides des Museums Auschwitz durch die Lagerteile. Da der Großteil der betreuenden Lehrkräfte aus Geschichtslehrinnen und -lehrern besteht, ist eine historisch fundierte Expertise zu jedem Zeitpunkt gewährleistet. Auch legen wir Wert auf eine sensible und unmittelbare Begleitung der Fahrt, da die Eindrücke unmittelbar oder später auch Reaktionen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bedingen (können), die wir feinfühlig, offen und vertrauensvoll aufzufangen und ihnen vor Ort zu begegnen versuchen.
Die Fahrt wird in der Schule thematisch vor- und nachbereitet. Eine Nachbereitung findet oft im Rahmen des Geschichts- und Kunst-/ WPII-Unterrichts statt. Oft engagieren sich die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler auch bei sich der Fahrt anschließenden Gedenkveranstaltungen wie dem 9. November oder 27. Januar (Befreiung Auschwitz/ Internationaler Holocaust-Gedenktag) im Klösterchen.
In Krakau selbst erkunden wir das Jüdische Viertel (und Ghetto) Kazimierz sowie -freiwillig- die Emaillewarenfabrik von Oskar Schindler, der rund 1100 Juden vor dem Tod in den Lagern bewahrte, indem er sie den Krakau angebundenen Lagern abkaufte und für sich arbeiten ließ.
Neben einem Frühstück wird den Schülerinnen und Schülern ein Betrag für Verpflegung ausgezahlt. Unsere Erfahrung zeigt, dass das gemeinsame Essen am zentralen Platz in Krakau für Schülerinnen und Schüler und die betreuenden Lehrkräfte stets ein schönes Zusammenkommen war.
Die Fahrt wird großzügig finanziell bezuschusst, sodass ein Teil der Kosten an die Schülerinnen und Schüler rückerstattet wird.
Gedenkstättenfahrt Auschwitz und Krakau
Zitate teilnehmender Schülerinnen und Schüler aus den Jahren 2023 und 2024 über Auschwitz:
Lina Marie Ortmanns, Klasse 10
Für mich waren und sind die Eindrücke von Auschwitz ein eindringliches Ereignis von unvorstellbarem Leid und Grausamkeit, das uns mahnt, aus der Geschichte zu lernen und Empathie sowie Mitgefühl in einer oft intoleranten Welt zu fördern.
Kai Wansing, Klasse 10
Die Fahrt nach Ausschwitz hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Es war für mich unbeschreiblich, wie grausam das NS-Regime früher mit ganz normalen Menschen, mit Leuten wie dir und mir, umgegangen ist. Desweiteren bleibt nur zu sagen, dass uns allen an diesem schrecklichem Ort noch einmal klar geworden ist, dass so etwas niemals wieder passieren darf. Uns wurde in diesen Stunden bewusst, wie wichtig der erste Artikel unseres Grundgesetzes ist. Die Würde des Menschen ist nämlich unantastbar.
Fynn Jaspers, Klasse 10
Der Aufenthalt in Auschwitz hat mich zutiefst schockiert, besonders als ich die Gesichter der Menschen sah, die dort ihr Leben verloren haben-es war ein Moment, der in mir einen Zustand ausgelöst hat, den ich so noch nicht kannte .
Ray Schnitzler, Klasse 10
Auschwitz hat uns allen verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Vergangenheit im Gedächtnis zu bewahren.
Schüler/ in, Klasse 10
Man kann es sich kaum vorstellen, was an diesem Ort geschehen ist.
Selbst nicht, wenn man den Ort selbst besucht und da ist.
Benjamin Plum, Klasse 10
Auschwitz zeigt die unfassbare Grausamkeit, zu der Menschen fähig sind, wenn Hass und Gleichgültigkeit herrschen, und mahnt uns, Verantwortung zu übernehmen, damit solche Verbrechen nie wieder geschehen.
Rieka Marie Bosseler, Klasse 10
Auschwitz hat mich daran erinnert, wie schnell einzelne Gruppen aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden können und wie einfach es ist, diesen schreckliche und unverzeihliche Dinge anzutun.
Wir sollten sowas niemals wieder zulassen!
Schüler/ in, Klasse 10
Als wir an den gesprengten Gaskammern standen, stellte ich mir vor, wie die Menschen genau dort getötet wurden. Dieser Eindruck hat mich in dem Moment fertig gemacht.
Laura Isabella Stempel, Klasse 10
Sich mit Auschwitz auseinanderzusetzen ist wichtig, um die schrecklichen Ereignisse der Vergangenheit zu verstehen und aus ihnen zu lernen. Ein Besuch dort ist eine bewegende Erfahrung, die an das Leid der Menschen erinnert.
Rieka Marie Bosseler, Klasse 10
Es war stellenweise sehr hart, als Besucher in Auschwitz zu sein, aber ich würde es jedem empfehlen,
einmal zu tun.
Das ist noch einmal etwas anderes, als eine Doku darüber zu sehen.
Julia Weber, Klasse 10
Auschwitz ist ein wichtiger Ort, der mich tief berührt hat. Es ist entscheidend, sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen, um die Schrecken des Holocausts zu erkennen und dazu beizutragen, dass so etwas nie wieder geschieht!
Schüler/ in, Klasse 10
Ich hatte zuerst nicht erkannt, dass das Haare von Menschen hinter der Scheibe waren.
Von den Koffern und Schuhen hatte ich gehört.
Aber die Haare zu sehen hat mich sehr schockiert!

Vogelsang
Authentisches historisch-politisches Lernen zu ermöglichen ist eine Prämisse, der sich der Fachbereich Gesellschaft verschrieben hat.
Authentisches Lernen heißt hier auch, sofern möglich: Raus aus dem Unterricht, raus aus Klasse und Schule…
Geschichte vor der Haustüre. Unsere Region bietet da tatsächlich viel. Neben der Montan- und Bergbaugeschichte der Region sowie die Geschichte der Stadt Aachen ist es ein weiteres Mal die Geschichte des Nationalsozialismus, die auch hier Spuren hinterlassen hat. So befindet sich in relativer Reichweite der näheren Eifel (Gemünd) die ehemalige Schule und Ausbildungsstätte „Ordensburg Vogelsang“, wo junge Männer für die höhere Laufbahn im so genannten „Dritten Reich“ ausgebildet wurden.
Im Rahmen einer festgelegten Exkursion nach Vogelsang in der Jahrgangsstufe Q1 bereiten wir das Schwerpunktthema „Schule und Bildung im Nationalsozialismus“ so auf, dass wir vor Ort in Vogelsang eine unmittelbare Erfahrung von Geschichte und aus der Geschichte abzuleitende Verantwortung ermöglichen wollen. Vogelsang ist dabei „Täterort“, d.h. hier wurden die willigen Vollstrecker der Weisungen der NS-Führung ausgebildet; es ist nachgewiesen, dass zahlreiche Verantwortliche für Gräueltaten in der Besatzung Mittel- und Osteuropas hier ausgebildet wurden.
Neben Führungen auf dem weitläufigen Gelände der ehemaligen Schule haben unsere Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit die Dauerausstellung „Bestimmung Herrenmensch“ zu besuchen.
Vogelsang bietet darüber hinaus regelmäßig Lehrgänge und Workshops im Bereich der politischen Bildung und Partizipation an, die wir mit Schülergruppen besuchen.
Zitat einer Schülerin: „Dieser Ort ist anders schlimm als ein Konzentrationslager. Hier förderte man die Gedanken und Überzeugungen in den Menschen, solch grausame Taten auszuführen und nicht zu hinterfragen, wie sie z.B. in den Lagern geschahen.“